Geheimnisvolle Flechten…

Sind Flechten schädlich für Bäume?

Nein, im Gegenteil – Flechten schützen sogar unsere Bäume.

Aber fangen wir von vorne an.

Flechten bezaubern weder mit einer Blütenpracht noch mit einem außergewöhnlichen Duft. Und doch blieb mein Auge heute beim Morgenspaziergang an einem wunderschönen Flechten-Teppich hängen. Eine kleine Schlehe, die von Flechten umgeben ist, begegnete mir am Wegesrand.

So oft bin ich schon an Flechten vorüber gegangen, habe ihre leuchtenden Farben bewundert und ihre Zähigkeit an den unwirtlichsten Orten zu gedeihen und doch wusste ich so wenig über sie. Und je näher ich sie kennenlerne, umso faszinierter und erstaunter bin ich. Es sind wirklich ganz außergewöhnliche – nun was eigentlich? Zu den Pflanzen zählen sie botanisch nicht.

In den Flechten vereinigt sich das Beste aus der Welt der Algen und Pilzen, welche symbiotisch miteinander in Eintracht leben. Symbiose ist eine wunderbare Lebensweise, welche uns die Geschöpfe von Mutter Erde immer wieder lehren. Es bedeutet, dass sich jeder „Partner“ mit seinen Fähigkeiten und Fertigkeiten gänzlich einbringt – zum gemeinsamen Wohl.

Die Pilze verfügen über die Fähigkeit aus ihrer Umgebung Wasser und Mineralstoffe aufzunehmen. Die Algen wiederum beherrschen die Kunst der Photosynthese und können so mit Hilfe von Licht Zucker herstellen, sprich Nahrung. Ohne die Algen kommen die Pilze nicht an die wertvollen Zuckerstoffe, ohne die Pilze wiederum können die Algen ohne Wurzeln weder Wasser noch Mineralstoffe aufnehmen. Zudem bildet der Pilz den Körper der Flechte (Thallus genannt) und bietet der Alge damit einen ausgezeichneten Schutz vor Austrocknung. Eine Lebensgemeinschaft par excellence.

Flechten sind somit eine Lebensgemeinschaft (Symbiose) aus Algen und Pilzen.

Sie sind überall anzutreffen, außer an Plätzen wo eine starke Luftverschmutzung herrscht. Flechten sind auf hervorragende Luftqualität angewiesen, um wichtige Mineralien und Wasser aus ihrer Umgebung aufnehmen zu können. Sie reagieren sehr sensibel auf Schadstoffe, da sie über kein eigenes Ausscheidungssystem verfügen.

Flechten sind daher Anzeiger für eine hervorragende Luftqualität.

Sie erscheinen in allen möglichen Farben, von weiß über grau bis hin zu braun, orange oder fluoreszierend gelb. Sie wachsen sehr langsam und müssen sich gegen einige „Konkurrenten“ wie z.B. Moos behaupten. Für manche Tiere des Waldes stellen sie zudem eine wichtige Futterquelle dar. Flechten können mehrere hunderte Jahre alt werden, in seltenen Fällen sogar tausende von Jahren. Flechten sind zäh und können extreme Lebensräume besiedeln, wo andere Pflanzen keine bis wenig Chancen haben. Sie sind im Gebirge anzutreffen, ebenso wie in Heidelandschaften, Mooren oder Wüsten. Im Garten triffst du sie an Mauersteinen, auf Dachziegeln sowie an Bäumen. Ihre Lieblingsbäume sind Laubbäume wie z.B. Apfelbäume, Pappeln und Eschen, da diese basenreiche Baumrinden haben.

photo 2024 02 18 12 54 38

Flechten sind zäh und können in extremen Lebensräumen leben.

Und die Vorliebe für eine basenreiche Umgebung führt dazu, dass Flechten vorzugsweise an älteren Bäumen wachsen, was aber nicht immer zwangsläufig bedeutet, dass diese krank oder schwach sind. Denn Flechten mögen auch gesunde Bäume. Ältere Bäume haben schlichtweg den Vorteil, dass sie weniger Abwehrstoffe bilden, so dass sich hier Flechten einfach wohler fühlen.

Es gibt weltweit über 25000 Flechten-Arten in den unterschiedlichsten Variationen. Alleine in Europa gibt es über 2000 verschiedene Flechten.

Viele Menschen denken, dass Flechten für Bäume schädlich sind. Dem ist absolut nicht so! Flechten sind nicht zu verwechseln mit Parasiten, welche auf Kosten des Baumes leben. Sie nutzen die Rinde lediglich als Wohnstätte. Sie kümmern sich selber um ihre Bedürfnisse und entziehen der Pflanze / dem Baum weder Nährstoffe noch Mineralien. Sie behindern auch nicht das Wachstum der Rinde, da sie nicht in den Baum eindringen und somit das Wachstum nicht beeinflussen.

Im Gegenteil: Flechten schützen den Baum bzw. den Stamm vor Eindringlingen, wie z.B. Pilzen oder Bakterien.

Es gibt eine Ausnahme: bei der Pflege von sehr alten Obstbäumen sollte die lockere Borke, welche mit Moos oder Flechten bewachsen ist, achtsam entfernt werden, da darin Baumschädlinge Unterschlupf finden können (z.B. Baumläuse, Apfelwickler).

Es würde mich freuen, wenn du – so wie ich – Feuer für diese faszinierenden Mischwesen gefangen hast und zur Aufklärung beiträgst. Teile diesen Beitrag gerne, wenn du andere für die Schönheit und Faszination von Flechten begeistern möchtest. Danke von Herzen.

Kosan

Unser Newsletter

Es erwarten Dich Inspirationen rund um die vielfältige Welt unserer Heil- & Wildkräuter, ob nun Pflanzenbetrachtungen, Naturrituale, Räucherkunst und mehr.
Kräuterspaziergänge, Workshops, Aus- und Weiterbildungen und andere Neuigkeiten - mit unserem Newsletter bleibst Du auf dem Laufenden.
Newsletter
© 2024 by Heil- und Wildkräuterakademie e.V.